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Die Bekehrung

Spirituelle Wandlung des Tirolers in einen Chinesen

Freinademetz fühlte sich immer als Gadertaler, Tiroler und Österreicher. In seinem Herzen trug er das „schöne Gadertal“, aber seine Sprache wurde chinesisch, ebenso seine Haltung und Gefühle. Es kommt in seinen Schriften zum Ausdruck, wenn er die Chinesen und sein Gefühl für sie beschrieb.


„Der Gute Hirt lädt mich ein, zu unseren so unglücklichen Brüdern jenseits des Meeres zu gehen, die nicht die süße Tröstung unserer Religion haben. Mit Tränen in den Augen strecken sie uns ihre Hände entgegen und flehen um Hilfe“ (Abschied von St. Martin im Gadertal, 18. August 1878).


„Die Chinesen sind für uns Europäer nicht attraktiv. Die chinesische Art, ihre Unsensibilität und Apathie sind nicht zu begreifen. Die Härte ihres Herzens und das Fehlen von Mitgefühl zeigt sich auch darin, dass sie ihre Kinder aussetzen und sogar verkaufen“ (Brief von Saikung, Hong Kong 1880).


„Die Chinesen haben ein großes Selbstbewusstsein, sie sind stolz auf ihre Rasse und wissen sich als Angehörige einer großen Nation. Sie fallen vor einem Fremden nicht auf den Boden, sie verachten ihn. Die Europäer sind für sie „Langnasen“, Teufel, die aus dem Ausland kommen. Erwachsene verlachen uns öffentlich, Kinder schreien hinter uns her“ (Artikel aus Saikung, Hong Kong 1880).


„China ist das Reich des Dämon. Die Pagoden sind Häuser des Dämon. Mit Festen und Opfergaben verehren den Dämon. Die Missionare haben die Aufgabe, den Dämon zu bekämpfen, ihn den Seelen zu entreißen, ihre Götzenbilder und Tempel zu zerstören“ (Brief aus Saikung, Hong Kong 1880).


„Zwanzig Chinesen bekleidet zu haben, heißt nicht, einen neuen Menschen zu bekleiden. Es gib noch viel zu tun: Die innere Haltung des Menschen ist zu verändern, dafür muss man sich der chinesischen Mentalität anpassen, an die Sitten und Gebräuche dieses Volks, den chinesischen Charakter studieren und die Qualität dieses Volkes. All dies geschieht nicht an einem Tag, auch nicht in einem Jahr, auch nicht durch irgendwelche Opfer“ (Artikel aus Saikung, Hong Kong 1880).


„Mich verwundert oft der hohe Grad der Bildung dieser Leute. Ein einfacher Mann ist in der Lage, Aussprüche des Konfuzius zu zitieren. Alle Leute haben unendlich viele Sprüche und weise Regeln im Mund. Kurz, mich wundert, wie sie in so vielen Jahrhunderten des Heidentums im Stande waren, so viele gute und realistische Weisheiten bewahren konnten. (Brief aus Ishui, Süd Shantung, 1883).


„Im Übrigen die Chinesen haben einen guten Charakter und hervorragendes Talent. Alle sprechen wie Doktoren, auch die einfachen Bauern. Sie verstehen es, eine Fülle von Zeremonien zu vollziehen; in dieser Hinsicht sind sie uns Europäern überlegen. Sie sind wirklich die erste Nation der Welt, es fehlt ihnen nur das Christentum“ (Brief von Puoli, Süd Shantung, 1884).


„Die Heiden lassen unsere Christen nicht leben: sie verfluchen, schlagen, berauben sie, legen Feuer an ihre Häuser, klagen sie ungerecht vor den Mandarinen an. Dennoch sind die chinesischen Christen bis zum heutigen Tag dem heiligen Glauben treu geblieben und sind bereit, für ihn zu sterben“ (Brief von Puoli, Süd Shantung, 1886):


„Ich sage euch geradeheraus: Ich liebe China und die Chinesen und bin tausendmal bereit, für sie zu sterben. Ich habe kein Problem mit der Sprache, ich kenne die Menschen, ihre Lebensweise und Mentalität. China ist mein Vaterland geworden und das Schlachtfeld, auf dem ich eines Tages sterben möchte“ (Brief an die Eltern, 1886).


„Jetzt, Bruder Giuseppe, ist der Würfel gefallen: bete, arbeite, leide, ertrage. Dein ganzes Leben ist für deine lieben Chinesen, damit du, an jenem Tag, am Abend deines Lebens, wenn es dich trifft zu sterben, an ihrer Seite mit deinen lieben Chinesen ruhen wirst“ (Tagebuch am Tag seiner ewigen Gelübde, 1886).


„Die Katechisten sind hoch zu achten. Es sollte für uns kein Problem sein, auf sie zu hören und sie zu akzeptieren. Sie sind Chinesen und wir „europäische Teufel“. Die chinesischen Priester sind aber nicht Priester zweiten Ranges. Bei den Priestern darf es nur einen Rang geben ohne Unterschied zwischen Europäern und Chinesen“ (Dokument zur Vorbereitung der Diözesansynode, 1892).


„Was mich betrifft, ich liebe meine teuren Chinesen immer und ich habe nur einen Wunsch, mit ihnen zu leben und zu sterben. Ich bin mehr Chinese als Tiroler und ich möchte es auch im Paradies sein“ (Brief an F. Thaler, 1892).


„Ob wir uns noch einmal wieder sehen? Ich weiß es nicht. Aber ich möchte mit meinen Chinesen leben und sterben“ (Brief an die Schwester, 1893).


„Am 18. Jänner haben wir 25 Jahre Beginn unserer Mission Süd Shantung gefeiert. Wir begannen mit nur 158 Christen. Heute zählen wir 40.000 Getaufte und noch 40.000 Katechumen, die sich auf die Taufe vorbereiten. Die Chinesen sind nicht Feinde der Religion. Wenn sich die Europäer wie Christen benehmen würden, glaube ich, dass ganz China christlich würde“ (Brief an Elisabeth Thaler, 1907).


„Wenn wir krank sind, wissen wir, was uns gut täte. So müssen wir es mit den Chinesen machen. Sind wir nicht gekommen, um ihnen zu dienen?“ (Im Totenbett, 1908).


Mancher Mitbruder warf ihm vor, zu sehr für die Chinesen einzutreten und sich leicht, hintergehen zu lassen. Doch der Bischof August Henninghaus, der so viele Jahre an seiner Seite war, schreibt in seiner Biografie über ihn. Hier sein Zeugnis.

„Freinademetz war immer höflich und wohlwollend, aber nicht einfältig. Sein Urteilsvermögen war klar und unparteiisch. Die Erfahrung während langer Jahre haben es vervollkommnet, immer im guten Sinn. Er hatte mit jeden Typ einer Person zu tun, mit Mandarinen und noch öfter mit Armen, mit der deutschen Verwaltung und korrupten Richtern. Er kannte die Chinesen, ihre Schwächen und ihre Verschlagenheit, er fiel auf keinen von diesen Personen herein und ließ sich nicht täuschen. Und wenn er sich betrügen ließ, tat er es aus Mitgefühl und Güte. Er war immer ruhig und gefasst, immer bereit, die Hand an alle auszustrecken und er verstand es, die Nöte aller anzuhören. In den Konferenzen, die er den Missionaren hielt, legte er ihnen ans Herz, „Nobel“ zu sein. Ich fragte ihn einmal, was er mit diesem Wort meine. Er antwortete: nicht eigennützig sein, sich selbst vergessen. Mit diesem Wort hat er den Kern seines Charakters ausgedrückt: er hatte eine noble Liebe im Dienst an alle. Ein Wort des hl. Paulus im 1. Brief an die Korinther 13,7 passt gut zu ihm: Wer liebt, verzeiht alles, glaubt alles, erhofft alle, erträgt alles“.

Bild: Die Bekehrung
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