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Der Besuch Papst Benedikts XVI. in Oies

Papst Benedikt XVI. besuchte das Geburtshaus

Es regnete in Strömen, als der Neupriester Joseph Freinademetz am 5. August 1875 in seiner Heimatpfarrei St. Leonhard im Gadertal seine Primiz (erste Heilige Messe) feierte. Dennoch waren Scharen von Gläubigen aus dem ganzen Tal gekommen. Genau am gleichen Tag 133 Jahre später, am 5. August 2008, wurde in St. Leonhard wieder gefeiert, diesmal bei schönerem Wetter und mit noch mehr Besuchern: Papst Benedikt XVI. besuchte das Geburtshaus des damaligen Neupriesters und heutigen Heiligen in Oies, einem kleinen Weiler in der heutigen Gemeinde Badia.

Als der Hubschrauber mit dem bedeutenden Gast um 17.10 Uhr auf der Wiese oberhalb von Oies landete, war sein Besuch erst am Vortag bekannt geworden. In den verbleibenden Stunden bereitete man das Ereignis vor: Wiesen wurden gemäht, Zufahrtswege abgesperrt, Straßen gereinigt, Blumenschmuck erneuert, Fahnen aufgehängt... Dinge, die hierzuort zur Festvorbereitung dazugehören.

Als der Papst aus dem Hubschrauber stieg, war die Freude groß. Die Musikkapelle spielte, der Kirchenchor sang Lieder zu Ehren des Heiligen Josef Freinademetz auf Ladinisch, Deutsch und Italienisch. Der Heilige Vater nahm sich Zeit, die Menschen zu begrüßen. Alt und Jung schüttelte dem Papst die Hand, Väter und Mütter reichten ihm über die Absperrung hinweg ihre Kinder. Große Emotionen und Freudentränen waren auf ihren Gesichtern zu sehen. "In diesen Tälern gibt es noch Glauben", bemerkte der Papst gegenüber Wilhelm Egger, Bischof der Diözese Bozen-Brixen.

Als Verantwortlicher für das Geburtshaus hatte ich die Ehre, den hohen Gast dort zu begrüßen und ihn durchs Haus zu geleiten. Der Papst war sichtlich angetan von der Einfachheit des alten Bauernhauses. Es überraschte ihn zu erfahren, dass der erste chinesische Kardinal Thomas Tien hier gewesen war; ebenso im Jahr der Heiligsprechung vier Bischöfe von Schantung, die im Geburtszimmer die heilige Messe feierten. Ins Pilgerbuch schrieb der Papst: "Möge der Herr auf die Fürsprache des heiligen Josef Freinademetz viele religiöse Berufungen schenken und China mehr und mehr dem Glauben an Jesus Christus öffnen!“

Beim anschließenden Imbiss konnte ich Benedikt XVI. als einen Mann voll väterlicher Güte, Einfachheit und Demut erleben. Trotz seiner so großen Aufgabe hat er seine Menschlichkeit nicht verloren.
Nach einem kurzen Gebet in der Kapelle im Untergeschoss des Hauses stellte der Generalprokurator P. Giancarlo Girardi dem Papst P. Estanislau Chindecasse vor sowie einige Mitbrüder der italienischen Provinz.

Am Eingang der Kirche des Pilgerzentrums küsste der Heilige Vater das Missionskreuz, das Joseph Freinademetz immer bei sich hatte. In der Kirche wurde der Papst von den örtlichen Amtsträgern und dem Klerus empfangen sowie vom Chor, der sich in aller Eile aus Mitgliedern der fünf Kirchenchöre des Tals gebildet hatte. Der Papst kniete zum Gebet nieder. Danach sprach Giancarlo Girardi als Vertreter des SVD Generaloberen ein Grußwort, auf das der Papst mit einer kurzen Rede antwortete, in der er auch über China sprach: "Es ist von großer Bedeutung, dass sich dieses große Land dem Evangelium öffnet". Ich überreichte dem Papst eine holzgeschnitzte Madonna, und er schenkte für das Geburtshaus ein Messgewand mit seinem Wappen.

Nach dem gemeinsamen Gebet des Vaterunsers auf Latein sprach der Papst das Tagesgebet vom Gedenktag des Heiligen Josef Freinadementz auf Ladinisch. Mit dem feierlichen päpstlichen Segen schloss das Fest in der Kirche. Der Weg zum Auto, das den Papst zurück zum Hubschrauber brachte, war vom Jubel der Anwesenden begleitet.

Bild: Der Besuch des Papstes in Oies
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